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Koordinierte Bildstabilisierung

Wie Optical Image Stabilizer und In-Body Image Stabilizer bei EOS R5 und EOS R6 zusammenarbeiten

Lesedauer ca. 10 Minuten
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Mit der Einführung des In-Body Image Stabilizers (In-Body IS) mit der EOS R5 und EOS R6 ergeben sich beim Fotografieren neue Möglichkeiten. So können „Freihandaufnahmen“ mit bis zu vier Sekunden Belichtungszeit realisiert werden.

Der große Durchmesser des neuen RF Objektivanschlusses unterstützt den hohen Wirkungsgrad des In-Body Image Stabilizers. Das Zusammenwirken der Stabilisierungssysteme in der Kamera und im Objektiv, die dies erst ermöglichen, wird allerdings häufig nicht oder nicht vollständig berücksichtigt. Dabei kann die umfassende Kenntnis der Funktionen für eine optimale Nutzung sehr hilfreich sein.
Ein Grundsatz der Bildstabilisierung bei der EOS R5 und EOS R6 gilt immer, und zwar unabhängig davon, welche Objektive genutzt werden – es sei denn, der Bildstabilisator wird ausgeschaltet: Es werden immer fünf Achsen stabilisiert.

Fünf Achsen werden bei der koordinierten Bildstabilisierung (Objektiv IS + In-body IS) unterstützt.

Die Stabilisierung bei Verwendung der unterschiedlichen Objektivtypen (RF, EF und EF-S Bajonett oder manuell adaptierte Objektive) erfolgt dabei nach den folgenden Regeln:

RF Objektive: 

  • Ohne Optical Image Stabilizer (IS): Der In-Body Image Stabilizer stabilisiert alle fünf Achsen.
  • Mit Optical Image Stabilizer: Der In-Body IS unterstützt zwei Achsen bei großen Aufnahmeentfernungen (Schwenken/Neigen) und erweitert die Stabilisierung auf alle fünf Achsen.


EF und EF-S Objektive:

  • Ohne Optical Image Stabilizer: Der In-Body IS stabilisiert alle fünf Achsen.
  • Mit Optical Image Stabilizer: Der IS stabilisiert wie bisher, der In-Body IS erweitert die Stabilisierung auf alle fünf Achsen.

Manuell adaptierte Objektive:

  • Der In-Body IS stabilisiert alle fünf Achsen. Die Brennweite des Objektivs wird dazu im Kameramenü manuell eingegeben.

 

Stabilisierungsfunktionen im Detail

Bei EF bzw. EF-S Objektiven gibt es eine "Arbeitsteilung" zwischen den unterschiedlichen Stabilisierungsmethoden. Gehen wir zur Vereinfachung zunächst von einem Non-Hybrid IS (Definition hierzu siehe Exkurs: "Hybrid-IS" weiter unten) bei einem EF Objektiv aus. Diese Ausführung des Stabilisators ist in der überwiegenden Mehrzahl aller EF Objektive mit IS eingebaut: Der IS im Objektiv stabilisiert die Bewegungen "Schwenken" und "Neigen". Der In-Body IS stabilisiert bei einer (parallelen) Verschiebung der Kamera nach rechts/links und hoch/runter (X-/Y-Achse) und beim "Rollen".

Wird ein Objektiv mit Hybrid-IS (z.B. das EF 100mm F2.8 L IS Macro oder das RF 35 F1.8 IS Macro) eingesetzt, wird bei einer Verschiebung der Kamera nach rechts/links und vor/zurück durch den IS im Objektiv stabilisiert. In diesem Fall übernimmt der In-Body IS lediglich die Stabilisierung beim "Rollen".

Fehlt im Menü der Kameraeinstellungen die Option für die Bildstabilisierung, arbeiten der In-Body IS und der Objektiv-IS zusammen (aufteilend - also je nach Brennweite - oder koordiniert, also ergänzend, abhängig davon, welches System (EF oder RF) montiert ist. Die Abschaltung der Bildstabilisierung ist in diesen beiden Fällen nur über den Schalter am Objektiv möglich. Nur wenn nicht stabilisierte Objektive benutzt werden, erscheint der Menüpunkt zur Abschaltung des In-Body IS.

Der In-Body IS arbeitet mit allen EF Objektiven zusammen, indem zusätzliche Stabilisierungsmethoden (mind. "Rollen") zur Verfügung gestellt werden. 

Mit RF Objektiven arbeitet er koordiniert zusammen. Er bietet also nicht nur zusätzliche Stabilisierungsmethoden, die der Objektiv IS nicht leistet, sondern er verbessert die Leistung des RF Objektivs um zusätzliche Stabilisierungsstufen. So stabilisiert beispielsweise das RF 15-35mm F2.8 L IS USM mit dem Objektiv-IS 5 Stufen, der In-Body IS fügt (nach CIPA Messungen) zwei weitere Stufen hinzu, so das dieses Objektiv auf eine Stabilisierung von insgesamt 7 Stufen kommt.

Diese Verbesserung durch Koordination beider IS-Systeme ist auch abhängig von der Brennweite: Lange Brennweiten werden vom Objektiv-IS besser stabilisiert, mittlere und Weitwinkelbrennweiten werden vom In-Body IS effektiver unterstützt.

Ein Pluszeichchen „+“ neben der "weißen Hand" zeigt im Kameradisplay, dass die Koordination der Stabilisierungssysteme aktiv ist. 

Bei Telebrennweiten "wirkt" der Objektiv IS, bei kurzen und mittleren Brennweiten der In-Body IS.

Bildstabilisierung bei Video

Bei der Verwendung der EOS R5 oder EOS R6 als Videokamera sind die oben beschriebenen Stabilisierungsregeln geringfügig anders. So wird bei der Verwendung von RF, EF, oder EF-S Makroobjektiven mit Hybrid-IS im Makrobereich ausschließlich durch den In-Body IS der Kamera stabilisiert. 

Zusätzlich kann für 8K-, 4K- und Full-HD-Videoaufnahmen der sogenannte Movie Digital IS, eine elektronische 5-Achsen-Bildstabilisierung, eingesetzt werden (gilt nicht für 8K RAW). Hierzu werden Pixel außerhalb des sichtbaren Bildes als Puffer benutzt, um unerwünschte Bewegungen auszugleichen. Ist der Movie Digital IS ausgeschaltet, werden 100% der Sensorfläche als Bildinformationen ausgelesen. In den beiden möglichen Stabilisierungsstufen „Ein“ und „Erweitert“ verringert sich der Bildbereich des Sensors auf 90% bzw. 70% der ursprünglichen Fläche.

Diese Stabilisierungsmethode steht, im Unterschied zur Funktion bei der EOS R, bei EOS R5 und EOS R6 auch in Kombination mit dem In-Body IS und dem Objektiv-IS zur Verfügung. Der Movie Digital IS funktioniert allerdings nur, wenn der optische Bildstabilisator des Objektivs eingeschaltet ist. Bei Objektiven ohne IS wird durch das Einschalten von Digital IS auch der In-Body IS der Kamera eingeschaltet.

Und auch bei dieser Stabilisierungsmethode gilt: Die Bildstabilisierung ist bei Weitwinkelobjektiven effektiver. Je länger die Telebrennweite ist, desto weniger effektiv ist die Bildstabilisierung. Über 1000 Millimeter funktioniert sie gar nicht nicht mehr.

 

Fazit

Zusammenfassend kann man festhalten, dass die im Kameragehäuse integrierte Bildstabilisierung bei den neuen EOS R Kameras und das technisch kluge Zusammenwirken der optischen Bildstabilisierungssysteme in den Objektiven, die Bildstabilisierung auf ein neues Niveau hebt. Dadurch werden Aufnahmen bei langen Belichtungszeiten aus der Hand ermöglicht, die bisher nicht realisierbar schienen. Zusammen mit den herausragenden High-ISO-Eigenschaften und einem AF-System, das auch in extremen Lowlight-Situationen präzise fokussieren kann, erschließen sich viele neue kreative Möglichkeiten für Foto- und Videografen.

Koordinierte Bildstabilisierung in der EOS R5 und EOS R6

Objektiv und Kamera kommunizieren permanent. Es werden immer fünf Achsen stabilisiert. In Abhängigkeit von Objektivtyp und Brennweite können durch das koordinierte IS-System bis zu sieben Blendenstufen kompensiert werden.

So funktioniert der Hybrid-IS

Das Canon Objektiv EF 100mm f/2,8L Makro IS USM wurde im Jahr 2009 vorgstellt und war das erste Makro-Objektiv mit Hybrid-Bildstabilisator. Der Hybrid-IS stabilisiert durch einen zusätzlichen Beschleunigungssensor auch horizontale und vertikale Kamerabewegungen und ist daher gerade bei Nah- und Makroaufnahmen hilfreich.

Beim Hybrid-IS kommen dafür zwei Sensoren zum Einsatz: Ein Winkel-Geschwindigkeits- und ein Beschleunigungssensor. Der Winkel-Geschwindigkeitssensor, der bei allen „normalen“ stabilisierten Objektiven eingebaut ist (IS), erfasst Schwenk- und erkennt Mitziehbewegungen. Der zusätzliche Beschleunigungssensor ermöglicht die Erkennung von Kameraverwacklungen, die durch Verschieben der Kamera hervorgerufen werden. Es werden also Unschärfen kompensiert, die durch unbeabsichtigte Schwenkbewegungen (drehend) und Verschiebungen (linear) der Kamera entstehen können. Der Hybrid-Bildstabilisator nutzt dabei einen Algorithmus, der die Messwerte beider Sensoren berücksichtigt. Dies verbessert die Stabilisierungswirkung zusätzlich.